Die Sonne brennt, der Wein ist schön kalt und so gut gegessen wurde auch schon lange nicht mehr. Lust auf Dolce Vita? Einsteigen und gut anschnallen – ich fahre.
Der Mietwagen-Schalter am Flughafen in Zürich ist wie leergefegt. Keine Ferienzeit, schon klar. Doch der wahre Grund ist sicherlich ein anderer –Ihr könnt ihn euch sicher denken. Der Schlüssel zum Glück ist schnell ausgehändigt, die notwendigen Papiere unterschrieben und schon kann es losgehen, der Sonne entgegen.
Mein erstes Auto hatte keine Klimaanlage und die Tachoanzeige stimmte gefühlt auch nur jeden zweiten Mittwoch im Monat. Das Highlight war allerdings der 4-stellige Code, den man eingeben musste, bevor der Motor gestartet werden konnte. Die perfekte Wegfahrsperre oder einfach nur nervig und teilweise ziemlich peinlich: Stell dir vor, du wartest an einer roten Ampel. Die Ampel springt auf Grün und du lässt als Fahr-Anfänger mal wieder den Motor „absaufen“ und dann fällt dir natürlich der Code nicht ein… Danke Citroen ZX – schön war die Zeit.
Unser Mietwagen dagegen scheint dem absolut neusten Standard zu entsprechen. Da ich weder Ahnung von Autos noch von Technik habe, fühle ich mich bei der Flut an Knöpfen und Schaltern leicht überfordert und wünsche mir für einen kurzen Moment (wirklich nur für einen ganz kurzen) meinen alten Citroen zurück. Doch die Gegenwart holt mich schnell wieder ein und ich schätze den Komfort eines Neuwagens. Um mich allerdings mit allen Funktionen, Knöpfen und Schaltern vertraut zu machen, fehlt mir das Interesse. Ich will einfach nur in die Sonne, genauer gesagt nach Montepulciano.
Der Gotthard Tunnel ist schnell gemeistert, der Kaffee an den Raststätten schmeckt besser, je südlicher wir kommen und mit der Musikauswahl habe ich mich mittlerweile auch arrangiert. Laut einem ungeschriebenen Gesetz ist der Beifahrer für die musikalische Unterhaltung verantwortlich ist und so muss ich leider auf die ganz großen Klassiker wie „Italienische Sehnsucht“ von Oliver Frank verzichten und mich stattdessen von den „Best of Love Songs“ beschallen lassen. Was soll ich sagen – überraschend gut.
Am frühen Abend sind wir dann endlich am Ziel. Montepulciano – noch viel schöner als wir es uns vorgestellt hatten. Ein italienisches Dorf, gelegen auf einem Hügel inmitten von Toskana-Idylle und mittelalterlichem Charme. Wir übernachten in einem kleinen B&B, nur wenige Gehminuten von der Piazza Grande entfernt und begeben uns gleich nach dem Einchecken auf Erkundungstour durch die malerischen Gassen. Wir schlendern bergauf, links und rechts kleine Bars, Trattorien, Kunst-und Weinhändler. Ein Laden schöner als der andere und bereits nach wenigen Minuten ist uns klar, dass wir wiederkommen werden, obwohl wir gerade erst angekommen sind. Manchmal braucht es nur einen kurzen Moment, um zu wissen „Hier fühle ich mich wohl“. Montepulciano, das Dorf das besonders für seinen roten Nobile Wein bekannt ist, zog uns gleich zu Beginn in seinen Bann.
Ein zufälliger Blick nach links und wir entdecken eine kleine Aussichtsplattform, abseits der Hauptgasse. Ein paar Stühle, zwei, drei Tische und Pietro, ein freundlicher Feinkosthändler werden zur Entdeckung des Abends. Wir kaufen eine Flasche Wein, Antipasti „To Go“ und bestaunen den Sonnenuntergang über dem Tal mit Blick auf Weinberge und Olivenhaine – ein Traum. Nach dem die Flasche geleert und die Sonne untergegangen ist, folgen wir der Empfehlung unseres Hoteliers. Die Trattoria di Cagnano ist bis auf den letzten Platz gefüllt und spätestens nach der Vorspeise wissen wir warum. Was folgt ist Genuss pur und wir genießen jeden Bissen und jedes Glas Wein, bis wir den Abend standesgemäß mit Espresso und Limocello ausklingen lassen und schon bald darauf müde aber überaus glücklich ins Bett fallen.
Den nächsten Tag verbringen wir damit, etwas tiefer in die Gassen und die Geschichte Montepulcianos einzusteigen. Wir besichtigen Weinkeller, wagen den obligatorischen Blick in die Dorfkirche, um uns anschließend dem Wichtigen, den kulinarischen Highlights zu widmen. Der Tag vergeht schneller, als uns lieb ist und am Abend fühlen wir uns bestätigt – wir kommen wieder!
Nach einer kurzen Nacht verlassen wir Montepulciano und fahren in das 45 Autominuten entfernte Dörfchen Tuoro sul Trasimeno. Der Weg dorthin führt uns durch eine malerische Landschaft aus kleinen Dörfern, Weinbergen und Pinienbäumen. Etwas abseits vom Dorfkern, inmitten eines Olivenhains haben wir uns für die nächsten Tage in eine umgebaute Mühle einquartiert. Die Ruhe und Abgeschiedenheit tut gut. Keine Autos, kein Trubel – Erholung pur. Morgens gibt es frisch gebrühten Kaffee im Garten, den Tag verbringen wir in Badehose und Bikini am Pool. Am Abend gibt es frischen Fisch vom Grill oder alternativ einen Besuch in der kleinen Trattoria im Dorf, gefolgt von Kartenspiel unter Sternenhimmel. Am liebsten wären wir den ganzen Sommer geblieben, doch man soll gehen wenn’s am Schönsten ist und so machen wir uns nach ein paar Tagen wieder auf den Heimweg in die Schweiz. Endlich wieder „Best of Love Songs“.